Frühkartoffeln sind nicht einfach nur Kartoffeln, die früh gepflanzt und früh gerodet werden. Dahinter steckt enorm viel Vorbereitung und Aufwand, alles muss auf den Punkt genau passen. In Bedburg in der Köln-Aachener Bucht auf 5 bis 7 m mächtigen Lößstandorten mit 80 bis 95 Bodenpunkten könnten die Anbaubedingungen für Frühkartoffeln kaum besser sein, weshalb die beiden eng kooperierenden Kartoffelanbauer Heinz-Georg Olligs und Philipp Sieben diese Spezialität mit viel Herzblut betreiben. Neu dabei: die PlanetProof- Nachhaltigkeitszertifizierung, damit auch der attraktive Absatzmarkt Beneluxländer bedient werden kann.
„Wenn die Landwirte das Säen nicht vergessen, klappt das Ernten von alleine“, wird der sehr fruchtbaren Region nachgesagt. Lediglich bei Trockenheit muss beim Frühkartoffelanbau die Möglichkeit zur Bewässerung bestehen, um die Kartoffeln just in time aus dem verhärteten Boden holen zu können. Die beiden Landwirte nutzen hierfür Brunnen- oder Stadtwasser – und das kostet richtig Geld. „25 bis 30 mm Stadtwasser aus dem Hydranten auf die Fläche zu geben, kostet mich schnell 800 €/ha“, erklärt Philipp Sieben, „und diese Investition kann ich nur ruhigen Gewissens tätigen, wenn ich die Kartoffeln auch mit Sicherheit gut vermarkten kann.“
Absatzmarkt vergrößern
„Wir können sehr schöne Speisefrühkartoffeln produzieren“, so Heinz-Georg Olligs, „und mit der Bewässerung die Qualität noch mal toppen. Weil wir uns mit dieser superschönen Ware praktisch überall präsentieren können, hat uns unser Vermarktungspartner Weuthen vor zwei Jahren die Zertifizierung mit PlanetProof vorgeschlagen, um Marktzugang zum frühen Speisekartoffelsektor in den Beneluxländern zu bekommen, wofür PlanetProof obligatorisch ist. Die doppelte Zertifizierung sowohl mit QS-GAP, wie auch mit PlanetProof bedeutet zwar mehr Aufwand, dafür stehen uns aber breitere Absatzmärkte für Frühkartoffeln offen: Deutschland und die Beneluxländer. Das Vermarktungsfenster für diese Mengen an Frühkartoffeln ist sehr klein und es ist von Vorteil, wenn die Ware auch in die Beneluxländer verkauft werden kann. Hier wächst etwas qualitativ sehr Hochwertiges – warum soll ich das nicht bestmöglich vermarkten?“ Und Philipp Sieben ergänzt: „Bei den Frühkartoffelnotierungen macht teilweise jeder Tag bares Geld aus. Zu Beginn der Saison fallen die Preise immer relativ stark ab. Wenn die Zertifizierung kein Hindernis darstellt und die Ware früh abfließt, das ist dann natürlich unsere große Vermarktungschance.“
Was ist PlanetProof?
„PlanetProof ist ein Nachhaltigkeitssystem mit den typischen Kriterien wie Biodiversität, Düngung, Pflanzenschutz, Bodenfruchtbarkeit, Bewässerung oder Verpackung“, erklärt Ira Horstmann, Qualitätsmanagerin bei Weuthen, „das mit Bonus- und Maluspunkten arbeitet, die anhand einer Checkliste berechnet werden. Maluspunkte, die man z. B. für den Einsatz gewisser Wirkstoffe erhält, muss man mit anderen Aktionen, für die es Bonuspunkte gibt, wieder ausgleichen. Bonuspunkte erhält man beispielsweise für das Anlegen von Blühstreifen oder Insektenhotels, aber auch den Einsatz von erneuerbarer Energie. Das einzig Schwierige daran ist, dass man mit den Wirkstoffmengen aufpassen muss, da man bei Frühkartoffeln insgesamt nicht mehr als 5 kg Wirkstoff einsetzen darf. Man muss sich also vorher seine Spritzstrategie durchrechnen.“ Mancozeb z. B. darf zwar eingesetzt werden, da hier aber hohe Wirkstoffmengen enthalten sind, verzichten die PlanetProof- Kartoffelbauern schon jetzt auf das ohnehin auslaufende Fungizid. „Wir bekommen jetzt automatisch eine Spritzempfehlung, die darauf ausgerichtet ist, Wirkstoffmenge zu sparen – was allerdings nicht mit der Aufwandmenge verwechselt werden darf!“, so Philipp Sieben. „Es gibt genügend auch nicht so bekannte Mittel auf dem Markt, die weniger absolute Wirkstoffmenge beinhalten, aber trotzdem gut funktionieren.“ Wie der Frühkartoffelanbau anders als gewohnt angegangen werden kann, darüber tauschen sich die örtlichen Landwirte intensiv aus. Der Zusammenhalt untereinander ist groß, und die Vorteile durch die gute Kooperation werden sehr geschätzt.
Gute Kooperation auch mit Weuthen
Mit rund 100 ha ist der Kartoffelanbau Hauptstandbein von Heinz-Georg Olligs, davon sind 40 % Frühkartoffeln. Bei Philipp Sieben stehen von seinen insgesamt 185 ha im Betrieb auf rund 65 ha Kartoffeln, wovon er diese Mengen jeweils gedrittelt hat: Frühkartoffeln, späte Speiselagerkartoffeln und Industriekartoffeln. Beide Landwirte haben so viele verschiedene Kartoffelsorten je Nutzungsrichtung im Anbau, dass für jeden Vermarktungszeitpunkt mindestens eine Sorte gerade reif ist und die Arbeit fast über das ganze Jahr verteilt ist. Und wie läuft die Zusammenarbeit mit Weuthen? „Wir haben Absprachen mit Weuthen und das funktioniert wunderbar“, berichtet Heinz-Georg Olligs, der seit gut 25 Jahren bei Weuthen ist, „ich baue viele Frühkartoffeln an. Da hierüber kein Vertrag gemacht werden kann, ist schon großes Vertrauen da, dass die Ware gut vermarktet wird. Wenn das nicht vorhanden wäre, würde ich sowas gar nicht machen.“ Und wie läuft es in schlechten Kartoffeljahren? „Letztes Jahr konnten wir uns bei den Industriekartoffeln auch auf die Vermarktungsspezialisten von Weuthen verlassen. Die finden immer ein Töpfchen, wo sie die Ware unterbringen können, auch wenn der Markt gerade schwierig ist oder die Kartoffeln beispielsweise mal nicht so perfekt gelungen sind.“
Auch in Zukunft PlanetProof
Wenn die Frühkartoffelsaison beginnt, stehen Olligs und Sieben in engem Austausch mit der Kartoffelsortieranlage in Ameln, dem Nadelöhr in der Kartoffelvermarktung. Auf Zuruf gilt es dann, teilweise sehr spontan innerhalb von wenigen Stunden zu roden und zu liefern. Das klappt reibungslos, weil alle engagiert an einem Strang ziehen. Trotz dieses hohen Aufwandes steht nach zwei Jahren mit PlanetProof für die beiden Kartoffelanbauer fest, dass der eingeschlagene Weg passt und weitergegangen wird. „Klar ist die PlanetProof-Zertifizierung auch mehr Arbeit und lästig, aber für die besseren Vermarktungschancen und das Alleinstellungsmerkmal nehme ich das gerne in Kauf“, resümiert Philipp Sieben.